Foto: Dennis Lenz
Politisches Engagement als Jugendliche:r – nicht nur möglich, sondern nötig!
von Jonas Knorr
Manchmal entsteht der Eindruck, Jugendliche würden sich nicht politisch engagieren und nur faul rumsitzen. Aber das ist nicht so – viele Jugendliche engagieren sich und nehmen die vorhandenen Partizipationsstrukturen wahr. Bei anderen ist der Wille zum Engagement da, es fehlt aber am Wissen um Möglichkeiten und Strukturen, oder es mangelt einfach schlichtweg an Zeit und Geld, um sich politischen Aktivismus leisten zu können.
In der aktuellen Zeit ist das Thema der Nachhaltigkeit sehr wichtig geworden – vielleicht wichtiger denn je. Und das nicht nur für unsere Gesellschaft, sondern auch für den Fortbestand der Menschheit und vieler Arten. Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung und kann nur durch Nachhaltigkeit und einen ressourcenschonenden Lebensstil abgeschwächt oder aufgehalten werden.
Ich bin Jonas und engagiere mich seit Jahren politisch bei Fridays for Future auf kommunaler Ebene für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Im Folgenden möchte ich ein paar Einblicke dazu geben.
Wie bin ich eigentlich dazu gekommen, mich politisch zu engagieren?
Im Jahr 2019 war ich auf meiner ersten Demonstration von Fridays for Future im Invalidenpark in Berlin. Es herrschte eine super Stimmung und es war ein großartiges Gefühl, mit so vielen anderen Jugendlichen gemeinsam für das gleiche Ziel einzutreten. Weil Fridays for Future Berlin anfangs noch von einer kleinen Gruppe organisiert wurde, war es einfach, in der Orga Fuß zu fassen und Demonstrationen und Proteste mitzuorganisieren, Strukturen aufzubauen und die Bewegung voranzubringen. Und auch heute ist es noch relativ einfach, sich bei Fridays for Future zu engagieren. In der Berliner Orga, also der Gruppe der Menschen, die Fridays for Future in Berlin organisieren, wird jede:r mit offenen Armen aufgenommen.
Weiter ging es für mich vor allem auf der kommunalen Ebene, in meinem Heimatbezirk Marzahn-Hellersdorf. Hier habe ich eine Bezirksgruppe aufgebaut und begonnen, Fridays for Future zu einem wichtigen politischen Akteur zu machen und in den Köpfen der Bezirkspolitiker:innen zu verankern. Und das habe ich auch geschafft. Wir haben als erste Berliner Bezirksgruppe einen Forderungskatalog an die Bezirkspolitik gerichtet. Das war im April 2020. Danach habe ich viele Gespräche mit Bezirkspolitiker:innen geführt, wir haben im Wahlkampf 2021 viel Lobbyarbeit für den Klimaschutz betrieben und im Februar 2022 habe ich dann schließlich vor der Bezirksverordnetenversammlung, unserem Bezirksparlament, eine Rede gehalten und dafür plädiert, den Klimaschutz zum wichtigsten Thema der kommenden Legislaturperiode zu machen. Denn genau das ist der Klimaschutz, weil die Klimakrise eine Bedrohung für die Menschheit ist, der wir begegnen müssen und gegen die wir ankämpfen müssen.
Wie können Jugendliche sich (politisch) engagieren?
Natürlich gibt es nicht nur Fridays for Future als Möglichkeit, sich zu engagieren. Neben der direktesten Möglichkeit für Schüler:innen – die Schüler:innen-Vertretung – gibt es auch Jugendorganisationen der Parteien, Vereine, Jugendfreizeiteinrichtungen und andere politische Gruppierungen. All das sind Orte, an denen sich vor allem junge Menschen (politisch) engagieren können.
Jetzt habe ich die verschiedenen Möglichkeiten, sich zu engagieren, als getrennt beschrieben, dabei sind all diese sehr eng miteinander vernetzt und verwoben. Die verschiedenen Jugendorganisationen haben gemeinsame Vernetzungstreffen, die Jugendfreizeiteinrichtungen sind teils sehr politische Foren, veranstalten Podiumsdiskussionen und andere Veranstaltungen und es gibt beispielsweise hier in Marzahn-Hellersdorf einen Kooperationsvertrag zwischen der Bezirksgruppe von Fridays for Future und dem Bezirksschülerausschuss, wodurch eine Zusammenarbeit zwischen der gewählten Schüler:innen-Vertretung und Fridays for Future besteht, die auch schon in gemeinsamen Gesprächen mit dem Bezirksamt mündete.
Wie funktioniert eigentlich Fridays for Future & Schule?
Bei Fridays for Future drängt sich ja oft die Frage auf, wie mit den schulischen Fehlzeiten umgegangen wird. Und leider gibt es darauf keine genaue, eindeutige Antwort, sondern lediglich viele verschiedene, denn es ist so, dass es keine offizielle Leitlinie von Seiten des Berliner Senats zum Umgang damit gibt, zumal sich hier das Schulgesetz selbst im Wege steht: Es gibt auf der einen Seite die Schulpflicht, die besagt, dass Schüler:innen zur Schule gehen müssen, auf der anderen Seite soll die Schule aber die Schüler:innen zu mündigen Menschen machen und Persönlichkeiten hervorbringen, die in der Lage sind, ihr Leben in Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten. Dazu kommen zahlreiche Aufforderungen an die politische Bildung an Schulen. Und natürlich lassen sich diese Punkte auf FfF-Demonstrationen sehr gut umsetzen, zumal Versammlungen auch ein hohes, im Grundgesetz verankertes Gut sind. Aber wie gehen Schulen denn nun damit um? Manche Schulen entschuldigen die Teilnahme an den Demonstrationen, andere tun dies generell nicht. Teilweise hängt es aber auch von der Lehrkraft ab: Sympathisiert er oder sie mit Fridays for Future und ist sich der Wichtigkeit und Dringlichkeit bewusst? Das ist natürlich kein guter Stand, weshalb der Bezirksschülerausschuss hier in Marzahn-Hellersdorf in einem Forderungspapier vom Bezirksamt einen zumindest bezirksintern einheitlichen Umgang mit Fridays for Future-Demonstrationen zu finden. Ich persönlich habe in meiner Schule aber sowohl von der Schulleitung als auch von den Lehrkräften immer nur positive Rückmeldungen auf mein Engagement bekommen und erfahre größtenteils auch eine starke Solidarität und Unterstützung von Seiten der Schule. Hinzu kommt, dass vor allem die Fachlehrer:innen aus dem Bereich Politik mein vielseitiges Wissen über Politik sowie politische Strukturen und Prozesse zum Teil sehr schätzen.
Natürlich gehört es auch dazu, bereit zu sein, Freizeit für politisches Engagement aufzuwenden. Je mehr man sich engagiert, desto mehr Zeit benötigt dieses Engagement auch. Hinzu kommt die notwendige Bereitschaft, wenn man zu Demonstrationen von Fridays for Future geht, den verpassten Stoff nachzuarbeiten, um trotz Abwesenheit in der Schule keine Nachteile zu haben.
Welche Auswirkungen hat Corona auf Fridays for Future?
Zwar nicht nur, aber auch durch Corona sind andere Probleme auf der Welt aufgetaucht, die stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind. Das hat uns als Fridays for Future leider einen großen Teil unseres Status als Massenbewegung genommen. Zu den Streiks kommen immer weniger Menschen und das Prinzip von „Jeden Freitag auf die Straße“ mussten wir in Berlin auch deshalb leider fallen lassen. Nichtsdestotrotz hatten wir auch in der Zeit von Corona viele Demonstrationen mit mehreren Tausend Menschen, die für Klimaschutz auf die Straßen gegangen sind und während ich diesen Text schreibe, planen wir den nächsten Globalen Klimastreik am 23. September.
Ich bin mir sicher, die Klimakrise wird sich die Dringlichkeit für Handlungen erkämpfen, die sie auch verdient. Nur leider wird der Weg des Lernens von Naturkatastrophen und vielen toten oder vertriebenen Menschen geprägt sein.
Aber noch gibt es Hoffnung und diese werde ich und werden wir nie aufgeben und weiterkämpfen. Denn es lohnt sich, für eine bessere und ganz allgemein lebenswerte Welt jetzt und in Zukunft einzutreten.
Ich kann es jeder und jedem nur empfehlen, sich politisch zu engagieren. Es ist zwar manchmal anstrengend und kräftezehrend, aber umso schöner sind dann die Erfolgsmomente, die sich einstellen, wenn man Forderungen durchsetzen kann und man sieht, dass das Engagement nicht nur Sinn macht, sondern auch zu Ergebnissen führt und im besten Fall natürlich auch die Welt ein Stückchen besser macht.
Jonas Knorr (17) ist der Sprecher von Fridays for Future in Marzahn-Hellersdorf und engagiert sich seit Jahren leidenschaftlich für mehr Klimaschutz. Hierbei erfährt er große und wertvolle Unterstützung durch das Kinder- und Jugendbeteiligungsbüro Marzahn-Hellersdorf (KJB).
Der Debattenbeitrag ist auch als zitierfähiges PDF verfügbar.
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