Medizinethisches Memorandum

 

 

 

 

 

Foto: Camilo Jimenez | Unsplash

 

Medizinethisches Memorandum. Eine patientendienliche Krankenversorgung für Deutschlands Zukunft*

Vorspann

Um das System unserer Krankenversorgung steht es nicht gut. Es besser zu organisieren, ist allerdings eine gigantische gesellschaft­liche Heraus­for­derung. So soll die bestmögliche Medizin tatsächlich bei allen Patientinnen und Patienten ankommen – eine Anforderung, die man leicht unterschätzt, wenn man nicht mit den ständig wachsenden Möglichkeiten vertraut ist, die die moderne hochspezialisierte Medizin in bestimmten Berei­chen bietet. Zudem soll das Versorgungs­system fair und sorgsam mit den verfüg­baren Ressourcen umgehen. Und es soll, nicht zuletzt, Raum für einen respektvollen und fürsorg­lichen Umgang mit den Kranken bieten. Das alles zu ermöglichen, erfordert Engage­ment und Expertise sowie erheb­lichen politi­schen Gestaltungs­willen und Mut.

Einer Krankenversorgung mit den oben beschriebenen Zielen geht es in erster Linie um Patientendienlichkeit. Dabei leistet die systematische Umsetzung dieses Patientendienlichkeits-Primats nicht nur einen elementaren Beitrag zum Versorgungsnetz, das jeden Einzelnen sichern soll, sondern ist Spie­gel der Menschlichkeit einer Gesell­schaft.

Machen wir Patientendienlichkeit nicht zum übergeordneten Ziel des Ganzen – und damit auch nicht zum zentralen Wert und Maßstab für die laufenden und dringend anstehenden Reformen im Gesundheitswesen –, dann verfehlt die Medizin ihren gesellschaftlichen Auftrag. Und das, obgleich unsere Kranken­versorgung im internationalen Vergleich finan­ziell geradezu luxuriös ausge­stattet ist – was sich allerdings im Alltag der praktizier­ten Medizin oft nicht widerspiegelt.

Wenn wir im Folgenden aus Sicht der Medizinethik argumentieren, verstehen wir uns als wirtschaftlich und politisch unabhängiges Sprachrohr all derer, die zunehmend besorgt über eine insgesamt mangelhafte Patienten­dienlichkeit unserer Kranken­versorgung sind. Auch wenn diese Diagnose im Kern nicht neu ist und unser Memorandum also auf den Schultern vieler anderer steht, ist der Bedarf einer ziel- und wertgeleiteten Radikaltherapie unseres Kranken­versorgungssystems (wie sie durchaus machbar scheint) größer und offensichtlicher denn je. Eine solche Therapie wird sich nur in der Zusammen­arbeit interdisziplinärer Ex­perten, der Politik und der Gesellschaft entwickeln und umsetzen lassen. Dabei kommt der Medizin­ethik die Rolle zu, das therapeutische Primärziel der Patienten­dienlichkeit auszu­flaggen, einzu­fordern und bei seiner Interpretation und Umsetzung mitzuwirken. Wir beschränken unsere nachfolgenden Überlegungen auf die Krankenhausversorgung – aus Gründen der Fokussierung und weil diese in der Politik aktuell so heftig debattiert wird. Beobachter der dort ausgetragenen Lobby-Gefechte sehen vornehmlich Kontroversen um ökonomische und organisatorische Fragen. Was aber wirklich auf dem Spiel steht und in diesen Auseinandersetzungen aus dem Blick gerät, ist eben die Patienten­dienlichkeit.

 

Istzustand: Mangelnde Patientendienlichkeit

Patientendienlichkeit bezeichnet die durchgän­gige Ausrichtung der Kranken­versorgung am gesundheitlichen Wohler­gehen und der Selbst­bestim­mung der Patienten. Das schließt die nachhaltige und gerechte Versorgung im Rahmen der verfügbaren Ressourcen ein. Als norm­ativer Leitbe­griff kann sich die Patientendienlichkeit auf nahezu jeden Aspekt und jede Ebene des Gesundheitswesens beziehen und in unterschiedlichen Zusammenhängen Unter­schied­liches erfordern.

In unseren Krankenhäusern mangelt es alltäglich und auf allen Ebenen an Patientendienlichkeit: man denke etwa an überlange Wartezeiten, an übereilte Abfertigungen in überfüllten Ambulan­zen; an fehlende Ansprechpartner, bürokratische Vorschriften, unklare Be­hand­lungs­pfade und unnötig hierarchische Arbeitsstrukturen; an finanzielle Fehlanreize, an zweifelhafte Verle­gungs­prozeduren, an nicht selten unzureichende Behandlungen oder mangelhafte Versorgungs­­strukturen (z.B. für gemeindenahe Behandlung). So fühlen sich Patienten – und nicht nur sie – im Versorgungs­system mitunter wie in kafkaesken Labyrinthen.

Ein indirektes Symptom mangelhafter Patientendienlichkeit ist dabei auch der in den Gesundheits­berufen zunehmende moral distress, wie es im Fachjargon heißt. Er stellt sich bei Ärzten wie Pflegekräften ein, wenn das Versorgungssystem verhindert, dass sie ihren professio­nellen moralischen Maßstäben genügen können: etwa, wenn sie erleben, dass man Patienten aussichtslose Behandlungen anrät, weil diese lukrativ vergütet werden. Oft genug sehen sie sich dabei sogar zur Mitwirkung gezwungen.

Dass Fachkräfte unter derart zermürbenden Bedingungen (mit dem Gefühl, in ethischer Hinsicht ohnmächtig zu sein und ‚im falschen Boot‘ zu sitzen) zunehmend aus der Patienten­versorgung hinausstreben, ist so belegt wie verständlich. Dasselbe gilt für die zum Teil katastro­phalen zeitlichen, organisatorischen und finanziellen Arbeitsbe­dingungen, die auch als Aus­druck mangelnder Wertschätzung der eigenen Professionalität empfunden werden. All dies schlägt als massive Einbuße an Arbeitszufriedenheit und Engagement des direkt betroffenen Personals zu Buche und ist aus Patientendienlichkeits-Sicht doppelt verhängnisvoll: So gehen einerseits fähige Behandler verloren, andererseits steigen Erschöpfung und Unzufriedenheit derer, die standhalten. Wenn sich hier nicht Entscheidendes ändert, wird sich die Spirale aus Unzufriedenheit, Überforderung, Abwan­derung und Verlust an Versorgungsqualität immer schneller drehen.

 

Medizinische Versorgungsqualität

Ideale Patientendienlichkeit würde verlangen, jeden einzelnen Patienten in den Grenzen seiner Selbstbestimmung so gut zu behandeln, wie es der Stand der Wissenschaft zulässt. In der wirklichen Welt der Krankenversorgung stehen dem vor allem drei Faktoren entgegen: eine notgedrungen begrenzte Ressourcenlage, profitgesteuerte Entscheidungen im Umgang mit Patienten und mangelnde Qualifikation. Zunächst zu den beiden Letztgenannten:

Das 2003 neu eingeführte Fallpauschalen-Vergütungssystem sollte Krankenhäuser und Ärzte vor allem dazu anhalten, kostentreibende unnötige Behandlungen und Liegezeiten zu vermeiden. Dieser Effekt trat gewiss zum Teil ein – gleichzeitig aber gingen die Fallpauschalen mit neuen Fehlanreizen einher, die die Kliniken als Reaktion auf den anhaltenden wirtschaft­lichen Druck umsetzten: Sie richteten die Auswahl, Aufnahme und Liegezeit von Patienten, sowie Diagnosen, Behandlungen und Kapazitätsplanungen nicht am medizinischen Bedarf aus, sondern am Ertragspotential der Fallpauschalen.

Eines von vielen Fehlresultaten dieser Entwicklung ist der Mangel an Kinderintensiv­-Betten und -Personal, der zur aktuell beklagten massiven Unterversorgung in diesem Bereich führt. Andererseits werden allzu oft Patienten, die ambulant versorgt werden könnten, stationär aufge­nommen – allein, um die Betten auszulasten. Auch werden häufig ertragsstarke invasive und apparative Maß­nahmen weniger lukrati­ven konservativen Behandlungen vorgezogen, ohne dass es dafür medizinisch nachvollziehbare Gründe gäbe. Gut belegt sind überflüssige und zugleich risiko­behaftete Operationen etwa an der Schilddrüse oder an der Prostata beim sogenannten Niedrig­risiko-Krebs. Gleichzeitig werden pflegerische und psychosoziale Maß­nahmen sowie die sprechende Medizin weiter reduziert, weil sie unzureichende Erlöse erbrin­gen. Mit anderen Worten: Auch im gegenwärtigen Vergütungssystem werden wirtschaft­liche Fehlanreize auf Kosten der Patienten ausgenutzt, um Einnahmen zu erhöhen. Dahinter steht oft nicht das Streben nach hohem Profit, sondern finanzielle Überlebensnot der Krankenhäuser.

Stark beeinträchtigt wird die Qualität der Patientenversorgung zudem dadurch, dass Spezial­behandlungen nicht selten von Einrichtungen und Ärzten vorgenommen werden, denen die erfor­­der­liche technische Ausstattung oder Spezialkompetenz fehlt. Belegt ist dies etwa für die Behandlung von Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Und doch werden diese und andere Bei­spiele von uns Bürgern zu wenig zur Kenntnis genommen, zu wenig verstanden oder zu wenig geglaubt. Versorger, die systematisch ihre Kompetenzen übersteigen, dürfen wir im Sinne konkreter Patientendien­lichkeit schlicht nicht dulden.

Ernsthaft beeinträchtigt wird die Behandlungsqualität im derzeitigen Mix ökonomischer und politischer Vorgaben durch etliche weitere Faktoren. So geht Zeit für Patienten durch überbor­dende Dokumen­tationspflichten verloren, die vielfach mehr der Abrechnung und recht­lichen Absicherung als der Qualitätssicherung dienen. So muss zu wenig Personal viel zu viele Fälle betreuen, wodurch sich Fehler häufen und der Therapieerfolg gefährdet wird. So stehen die Träger der Krankenhäuser und Ambulanzen in dysfunktionaler Konkurrenz um lukrative Patienten, Mitarbeiter und Standorte. So wird eine integrierte Patientenversorgung dadurch erschwert, dass die unterschiedlichen Vergütungs- und Verwaltungssysteme für stationäre und ambulante Behandlungen wenig kompatibel sind. All das: Fußtritte für die Patientendien­lichkeit.

 

Patientenbedürfnisse, Autonomie und ärztliche Empathie

Patienten haben ihre individuelle Geschichte als Quelle von Ängsten, Hoffnungen und Präferenzen. Sie dürfen nicht als bloße Empfänger medizinischer Dienstleistungen abgefertigt wer­den. Je nach Persönlichkeit und Situation wird ihr Bedürfnis nach uneingeschränkter Autonomie oder das nach umfassender Fürsorge im Vordergrund stehen. Patienten mit ihren Sorgen und Anliegen gerecht zu werden, erfordert daher – vor allem in existenziellen Notlagen – Empathie-Fähigkeit und Empathie-Zeit. Sie sind die Grundlage der besonderen Bezie­hung, die Ärzte und Behandlungsteams ihren Patienten anbieten müssen; sie sind das Fundament der Menschlichkeit und sie sind die Basis informierter, gemeinsamer Entschei­dungs­­findung.

Für Patienten hat ein vertrautes und vertrauendes Verhältnis zu den sie behandelnden Personen messbar positive Effekte auf ihr Wohlbefinden wie auch auf den Behandlungserfolg. Auch die Vorsorgeplanung wird erleichtert, wenn Menschen darauf bauen können, dass ihre indivi­duellen Präferenzen berücksichtigt werden, sollten sie eines Tages nicht mehr einwilligungs­fähig sein. Damit Ärzte und Behandlungsteams all dies leisten können, benötigen sie nicht zuletzt Zeit; die aber fehlt allzu oft in der gehetzten, komplexen und oft anonymen Versor­gungs­­landschaft des modernen Großkrankenhauses. Dass zudem das Einfühlungs­vermögen verloren geht, wenn Stress überhand­nimmt, ist gut belegt.

Immer häufiger leiden Patienten an mehreren gleichzeitig bestehenden Krankheiten, sind hochaltrig oder haben Verständnisschwierigkeiten. Ihnen fällt es besonders schwer, sich in den Strukturen moderner Krankenhausmedizin zurechtzufinden. Immer häufiger leiden Ärzte und Pflegekräfte durch die oben skizzierten ökonomischen Fehlstrukturen an permanenter Erschöpfung. Hier müssen die Ruder entschieden herumgerissen werden: Mehr und zielgerichteter eingesetztes Personal, mehr Wertschätzung, mehr digitale Entlastung, mehr kreative Koordinierungs- und Orientie­rungshilfen, mehr Modellprojekte.

Zugewandtheit, Aufmerksamkeit und Empathie sind mehr als nur nice to have: Sie sind professionelle Erfordernisse im Umgang mit Patienten. Sie müssen mehr Gewicht erhalten und besser honoriert werden. Es wird großer Anstrengung bedürfen, der ärztlichen und pflege­rischen Empathiebereitschaft mehr Raum zu geben ­– ist sie doch unverzichtbar für die ärztliche Tätigkeit und essenziell für das Wohl der Patienten.

 

Gerechtigkeit in der medizinischen Versorgung

Seiner Grundidee nach hat das deutsche Gesundheitssystem eine durchgängig faire Versor­gung zu leisten: Jeder Patient soll Zugang zu den nach aktuellem medizinischen Standard erforder­lichen Maßnahmen haben – unabhängig von seiner persönlichen Zah­lungs­fähigkeit. Dieses Gleichbehandlungs-Postulat ist eine Errungenschaft und ein Markenzeichen, auf das wir stolz sind und an dem wir festhalten müssen.

Unsere Bemühungen müssen sich also zum einen gegen bereits bestehende Ungleichheiten in der Versorgung richten, wie sie vom Wohnort, vom Versichertenstatus (privat oder gesetzlich), vom Bildungs­niveau, vom medizinischen Vorwissen und von der sozialen Vernetzung der Patien­ten abhängen. Dass aus den genannten Faktoren gravierende Versorgungsunterschiede resultieren, weiß jeder. Sie zu objektivieren und Chancengleichheit anzustreben, gehört zu den Aufgaben der Gesundheitsberufe, insbesondere aber zu den Aufträgen der Gesundheits­politik.

Versorgungsfairness auf hohem Niveau zu realisieren, erfordert zum anderen aber auch ein entschlossenes Vorgehen gegen überflüssige Maßnahmen und überzogene Kosten. Sie sind nicht nur deshalb abzulehnen, weil sie Patienten und das Versorgungsbudget belasten, sondern auch, weil die vergeudeten Ressourcen an anderer Stelle fehlen und so die medizinische Fairness gefährden. Rasch müssen daher Wege gefunden werden, das Aus­maß überflüssiger (und dabei oft schädlicher) Behandlungen radikal zu reduzieren. Wider besseres ärztliches Wissen, aber zugunsten von Profiten und Rentabilitäten werden hierzulande etwa Abertausende von Herzkatheter-Untersuchungen, Bandscheibenoperationen und nicht indizierten Intensiv­behand­lungen am Lebensende durchgeführt.

Ändern müssen sich – nicht nur im Krankenhausbereich – auch proble­matische Vergütungs­mechanismen­. Ungerechtfertigte Lobbyinteressen und überzogene Gewinn­strate­gien (wie etwa bei der Privatisierung von Kran­ken­­häusern, bei der Vermarktung von medizinischem Großgerät oder bei patentierten Arznei­mitteln) dürfen nicht länger das Leistungs­geschehen bestimmen. Sie müssen durch­schau­bar gemacht und deutlich strikter kontrolliert werden.

Verschiedene Entwicklungen, die für sich genommen erfreulich sind, werden die Versorgungs­gerechtigkeit in Zukunft noch weiter herausfordern: Der wachsende Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung geht mit einem erhöhten und qualitativ veränderten Versorgungs­bedarf einher. Hinzu kommen die Innovationsschübe der modernen 4D-Medizin (Drugs, Diagnostics, Devices, Data), die mit willkommenen, aber teils schwindelerregend kostspieligen Behand­lungen die Gesundheitsaus­gaben weiter in Höhe zu treiben drohen. Man denke etwa an die zahlreichen neuen Gen- und Zellthera­pien (etwa bei Leukämien oder der Bluterkrank­heit). Zugleich schwächt die veränderte Altersverteilung die Einnahmen der Gesetz­lichen Kranken­versicherung, sodass sich ihre Finanz­situation in den kommen­den Jahren deutlich verschärfen wird. Schließ­lich macht der zunehmende Mangel an Fachkräften im Gesundheits­wesen es immer schwerer, den steigenden Versorgungs­bedarf zu decken. Die Patientendien­lich­keit der Medizin dürfte – ohne entsprechende Gegensteuerung – durch diese Entwicklungen noch stärker unter Druck geraten.

Trotz aller Bemühungen werden sich Ressourcenengpässe unter den gegebenen Rahmen­bedingungen absehbar nicht vermeiden lassen. Strittige Fragen danach, welche Leis­tun­gen durch das Solidarsystem der Krankenkassen erstattet werden sollen und welchen Anteil des Bruttosozial­produkts unser Gesundheitssystem in Zukunft kosten darf, werden sich erwartbar immer wieder aufs Neue stellen. Hierfür sind patientendienliche Priorisierungs­konzepte zu entwickeln, die sicherstellen, dass der vordringliche Versor­gungs­bedarf der Patien­ten in einer fairen Art und Weise gedeckt werden. Die Grundlagen hierfür müssen in einem transparenten gesellschaftspolitischen Verständigungsprozess entwickelt werden.

 

Was fordert Patientendienlichkeit heute und in Zukunft?

  • Jede künftige Reform der Krankenversorgung hat sich dem Primat der Patienten­dienlichkeit zu verpflichten. Anderenfalls verfehlt sie ihren im Kern moralischen Auf­trag.
  • Eine primär profitgesteuerte Medizin ist auf jeder Ebene zu unterbinden. Diese Maxime muss durch Transparenz­gebote und strikte Kontroll­mecha­nis­­men umgesetzt werden – in den Köp­fen, in den Institutionen und im Recht.
  • Unsere Krankenhauslandschaft muss dem veränderten Potenzial moderner Spitzen­medizin angepasst werden, um alle Patienten bei optimaler Ressourcennutzung best­möglich zu behandeln.
  • Das Gleichbehandlungsgebot gehört zu den tragenden Säulen unseres Solidarsystems. Nicht toleriert werden dürfen daher Versorgungsunterschiede, wie sie etwa durch den Versichertenstatus oder Wohnort bedingt sind.
  • Die aktuell bestehenden Über-, Unter- und Fehlversorgungen sind gravierend und nicht hinzunehmen. Sie verstoßen in der Konsequenz individuell wie systemisch gegen das Gebot patientendienlicher Medizin.
  • Zu den vordringlichen Veränderungen gehört die Verlagerung der Patienten­versor­gung in den ambulanten Bereich, soweit dies medizinisch sinnvoll ist.
  • Den demographischen Herausforderungen gerecht zu werden, erfordert hohe Priorität für die Versorgung chronisch kranker und pflegebedürftiger Menschen.
  • Empathie im Umgang mit Patienten ist Herzstück, nicht Beiwerk ihrer Behandlung und ist mitentschei­dend für den Behandlungserfolg. Statt weiterhin im Routinebetrieb buch­stäblich abtrainiert zu werden, muss sie zu einem integralen, ausreichend finan­zier­­­­ten Bestandteil der Versorgung werden.
  • Wertschätzung für Engagement und Ethos der Menschen, die die Patienten­versorgung alltäglich bewältigen, erfordert mehr als Lippenbekenntnisse. Vielmehr bedarf es umfassender, kreativer Anreize, damit diese Berufe mit ihren fachlichen und empathi­schen Kern­kom­­­petenzen wieder attraktiv und lebbar werden.

 

* Eine Kurzfassung dieses Texts ist am 6. September 2023 in der Süddeutschen Zeitung erschienen.

Autorinnen und Autoren:

Bettina Schöne-Seifert: Medizinethikerin/Münster
Michael De Ridder: Internist/Berlin
Marco Stier: Philosoph/Münster
Steffen Stürzebecher: Arzt und Pharmakologe/Berlin

In Zusammenarbeit mit:
Clemens Eickhoff: Neurologe/Kassel
Jens Hofmann: Intensivmediziner/Saarbrücken
Gita Neumann: Psychologin/Berlin
Georg Marckmann: Medizinethiker/München
Jan-Ole Reichardt: Medizinethik/Münster
Anna Lena Uerpmann: Psychiaterin/Bielefeld

sowie
Alena Buyx: Medizinethikerin/München
Ralf Jox: Medizinethiker/Lausanne

 

Der Debattenbeitrag ist auch als zitierfähiges PDF verfügbar.

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